Der Mansfeld kommt

Erinnerungen an Krieg und Frieden

Autor: Helmut Bollmann

 

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Der Gegenangriff

   Angesichts der Schiffsartillerie und der Luftüberlegenheit des Gegners, die einen Angriff bei Tageslicht aussichtslos erscheinen ließen, wurde ein Großangriff bei Nacht befohlen,  mit dem der Feind endgültig ins Meer zurückgeworfen werden sollte. Die Sache ließ sich gut an. Die Hauptkampflinie wurde schnell überrannt. An einigen Stellen leistete der Gegner hinhaltenden Widerstand, an anderen wandte er sich zur Flucht. Die Schiffsartillerie, die sich bis dahin auf Störfeuer in die Bereitstellungsräume beschränkt hatte, schoss plötzlich aus allen Rohren Sperrfeuer,  ohne Rücksicht auf schwerste Verluste in den eigenen Reihen.

Der gewaltige Feuervorhang, der nur langsam zurückverlegt wurde, ging zu weit vor den deutschen Angreifern nieder und traf die verbissen Widerstand leistenden Verteidiger mit tödlicher Wucht. Die Letzten und Tapfersten also bissen die Hunde. 

   Bolle, dessen Geschütze der stürmenden Infanterie in einigem Abstand folgten, fand am Weg einen verlassenen Jeep, den er nur allzu gut gebrauchen konnte. Hoch erfreut schwang er sich auf den Fahrersitz;  der Schlüssel steckte, ein Gang war eingelegt, der Motor stand.

Wo war der Haken?

   Er nahm den Gang raus, drehte den Schlüssel - der Motor sprang an. Warum stand die Karre hier rum? Als er die Kupplung trat und schalten wollte, wusste er es: weit aufgerissene Augen starrten ihn im fahl flackernden Licht einer Leuchtkugel an, zwischen den blutverschmierten Sitzen lag ein abgerissener Kopf. Ein Riesensplitter hatte den armen Kerl glatt enthauptet.

Bolle stockte der Atem. Gütiger Gott, da war sie wieder, die blutige Fratze des Krieges; diesmal zum Greifen nahe. Bestürzt sprang er aus dem Fahrzeug. Diesen Jeep wollte er nicht mehr; der leere Blick der Augen würde ihn auf allen Fahrten begleiten. 

   Vor dem Sperrfeuerriegel kam der Angriff zum Stehen. Bolle hielt die ersten zurückgehenden Soldaten an und erfuhr von einem Oberfeldwebel, dass der Bataillonskommandeur den Rückzugsbefehl gegeben habe. Er wartete auf die Bestätigung, ließ wenden und trat im Morgengrauen den Rückweg an

 

   

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