Der Mansfeld kommtErinnerungen an Krieg und FriedenAutor: Helmut Bollmann
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Die "Hummel"Abseits im Gelände stand regungslos eine "Hummel", ein schweres deutsches Geschütz auf Selbstfahrlafette. Die Fallschirmtruppe verfügte über derart schwere Waffen nicht, diese Kanone gehörte zweifellos der Artillerie-Abteilung jener Stoppelhopser-Division, die an der Nachtpartie teilgenommen hatte. Überrascht musste er feststellen, dass
die "Hummel" ebenso verlassen war wie der Jeep. Aufs Schlimmste
gefasst, kletterte er auf das Fahrzeug. Doch es bot sich kein schauriger
Anblick: die Karre war leer, so leer wie seine Feldflasche. Unweit der
rechten Kette klaffte ein Granattrichter. Der Besatzung mussten die Trommelfelle
geplatzt sein, als das Geschoss krepierte. Vermutlich war sie im Schock
nach allen Seiten davongestoben und hatte die Selbstfahrlafette in der
Dunkelheit nicht wiedergefunden. Anders war die Sache nicht zu erklärten. Mit der Anweisung, in die Ausgangsstellung zurückzukehren, übergab Bolle seinem Stellvertreter den Befehl über den Zug, machte den Koloss fahrbereit, setzte sich (Puttlos sei Dank) zwischen die Lenkknüppel und fuhr los, um die nicht alltägliche Fundsache beim Kompaniegefechtsstand abzugeben. Unterwegs kamen ihm Zweifel an der Zweckmäßigkeit seines Vorhabens, es würde ihm und anderen einen Haufen Scherereien eintragen. Er nahm das Gas zurück und überlegte: er würde dem Chef schriftlich Meldung machen müssen, der diese an die Abteilung weiterleiten würde. Die Abteilung würde der Division Bericht erstatten und die dem Armeekorps. Am Ende stand er womöglich als Zeuge vor einem Kriegsgericht. Schließlich war so eine "Hummel" keine Mücke, aus der man erst einen Elefanten machen musste. Sein Entschluss war gefasst. Er stoppte kurz am Zuggefechtsstand, befahl dem Melder, ihm mit der Beiwagenmaschine zu folgen, fuhr - stracks am Kompaniegefechtsstand vorbei - quer durch Battipaglia in Richtung Eboli zu einer vielbefahrenen Kreuzung und stellte die lästige "Hummel" dort am Strassenrand ab. Dann schwang er sich in den Beiwagen, kehrte zu seinem Gefechtsstand zurück und legte sich aufs Ohr. Dem Chef wollte er in diesem Moment lieber nicht unter die Augen treten. Das hatte Zeit. Am Mittag kam er - selbstverständlich rein zufällig - an der Kreuzung vorbei. Der Stein des Anstoßes war verschwunden. Jetzt konnte er beruhigt zur Beichte gehen. Eher früher als später wäre die Sache dem "Alten", so hießen Kompaniechefs im Truppenjargon, von anderer Seite zu Ohren gekommen und dann wäre es peinlich geworden. |
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